Im allgemeinen benutzt man ein Adjektiv, um ein Subjekt oder Nomen zu beschreiben und dasselbe dadurch mit einer Qualitaet oder einer Bewertung zu bemessen. Adjektive sind deshalb natuerlich oft beurteilend und nicht selten subjectiv. Doch ist es moeglich, dass ein Adjektiv weiter reichenden Schaden anrichten koennte, in dessen Folge ganze Voelkergruppen, ja eine Weltreligion durch die Verwendung eines solchen Beschreibungswortes verurteilt oder sogar gebranntmarkt wird? Diese Moeglichkeit waere nicht nur erstaunlich, sondern auch alarmierend und aeusserst besorgniserregend fuer ein Miteinanderleben unserer Zivilisationen.

Die Rede ist von dem in letzter Zeit haeufig gebrauchtem Adjektiv „islamisch“ oder neuerdings „islamistisch“, das, so scheint es oft, zum Synonym einer ganzen Reihe von Beschreibungswoertern geworden ist, denen eine negative und abgrenzende, wenn nicht sogar bedrohliche Wertung zugemessen wurde, spaetestens seit den schrecklichen Anschlaegen des ‚September Eleventh‘.

Man kann nicht leugnen, dass durch die furchtbaren Ereignisse dieses 11. September’s die negative Deutung des Adjektives „islamisch“ verstaerkt wurde. Denn dieses Adjektiv wurde folglich immer haeufiger verbunden mit dem eindeutigen Nomen „Terroristen“, und sollte zunaechst zu einem festverschmolzenem Schlagwort werden, um die zu beschreiben, die sich zu verabscheuungswuerdigen Terrorakten mit Stolz und Nachdruck in der Oeffentlichkeit bekannten. Nun waren es islamische Terroristen, die die Welt bedrohten, auch islamische Aufstaendische, die Afghanistan und den Irak terrorisierten und islamische Terrorgruppenanhaenger, die zu den heimtueckischen Terroranschlaegen in Europaeischen Metropolen faehig waren, ganz zu schweigen von den islamischen Rebellen aus Tschetschenien, die sogar nicht davor Halt machten, Schulkinder zu terrorisieren.

Doch wie konnten sich die vielen anderen Menschen dazu aeussern, die sich zu eben der Religion bekennen, von dem unser Adjektiv abgeleitet ist? Es schien als ob die Muslime und deren Fuehrer aus aller Welt trotz der schnellen Bekundungen, dass eben dieser Islam eine friedliche Religion sei, solche Terrorakte im Islam nicht gebilligt wuerden und die Menschen, die solchen Terror ausueben, den Islam fuer ihre fehlgeleiteten Absichten missbrauchten, nur fuer eine ausserordentlich schwache Schadensbegrenzung imstande waren.

Natuerlich wurde die Warnung, den Islam nicht mit solchen Terroristen gleichzusetzten, auch in zahlreichen Artikeln, Reden und Reportagen vieler sich nicht zum Islam bekennenden und mit den Muslimen sympatisierenden Fachleuten sowie anderen erwaehnt. Dennoch vermochten all diese kritischen und warnenden Worte es nicht zu verhindern, dass sich dieses Adjektiv seither in so manchen Koepfen der westlichen Welt allzu oft aeusserst negativ eingepraegt hat und in den westlichen Medien haeufig im Zusammenhang mit Berichten ueber unheilvolle Geschehnisse verwendet wurde.

Im allgemeinen muss man feststellen, dass dieses Adjektiv bei den weniger gebildeten und informierten Nachrichtenzuhoerern und Medienberichtsverfolgern in der westlichen Bevoelkerung solche Gefuehle erweckt, die nicht unbedingt die gleichen Assoziationen hervorrufen, wie bei aehnlich abgeleiteten Adjektiven anderer Religion unserer Erde.

Um bei der derzeit weitlaeufigen Verwendung des Adjektives „islamisch“ oder „islamistisch“ Parallelen zu finden, faellt ein wichtiger Vergleichsansatz auf, der den aufmerksamen Betrachter skeptisch machen sollte. Im Vergleich zu einem abgeleiteten Adjektiv einer anderen Religion, glaube ich mich nicht an den Gebrauch des Adjektives „christlich“ in der heutigen Nachrichtenberichterstattung erinneren zu koennen, um ueber die Bomben der „christlichen“ Verbuendeten auf Afghanistan und den Irak im Kampf gegen den Terror zu informieren; und erst recht nicht an die Verwendung von „juedischen“ Angriffen, um die auf die Palestinenser abgeschossenen Raketen zu beschreiben.

Die Verbindung des Adjektives „islamisch“ mit dem Wort „Terroristen“ mag verschiedene Gruende haben, sogar mitunter logisch klingen und die eine oder andere Verschwoerungstheorie auf Seiten der Muslime heraufbeschwoeren. Dennoch ist es an der Zeit, diese Wortkombination zu durchleuchten und einige fuer Muslime bedeutende Fragen zu stellen. Warum waren es ausgerechnet „islamische“ Terrorpiloten, denen so viele Unschuldige zum Opfer fielen, als vielmehr Terroristen der Al-Qaida Organisation, von denen sich sogar einige in einer Bar am Vorabend zum Alkoholverzehr getroffen haben sollen, der doch im Islam streng verboten ist? Warum wurden die Moerder von Madrid und London als „islamisch“ bezeichnet, die ihre fanatische Wut und Ueberzeugung an einer zivilen Bevoelkerung glaubten auslassen zu duerfen, um das politische und militaerische Handeln europaeischer Regierungen in Afghanistan und dem Irak zu raechen?

Ist die Antwort, weil diese Terroristen Muslime sind, die den Islam militant verteidigen wollen, um alle Muslime vor den Unglaeubigen des Westens und deren Verbuendeten zu schuetzen? Wer eine solche Begruendung akzeptiert ist sich der grotesken Erklaerung nicht bewusst und verdient eine ungenuegende Bewertung seines gesunden Menschenverstandes. Auch hier ist ein Vergleich zu anderen Weltreligionen hilfreich, um dies zu eroertern.

Die Literatur und Berichterstattung der Geschichte wird man vergebens absuchen, um die Beschreibung „christliche Terroristen“ in Verbindung mit den Kreuzrittern und deren Greueltaten waehrend der Kreuzzuege zu finden, weder noch in Verbindung mit den heiligen Inquisatoren und deren haeufig terrorisierenden Methoden im und um das Mittelalter, und auch nicht im Zusammenhang mit den gewaltaetigen Massnahmen einiger kirchlicher Missionare in den vielen westlichen Kolonien dieser Welt, die angestrebt waren deren Ureinwohner mit allen Mitteln zum christlichen Glauben zu bekehren.

Wenn auch die heutigen Terroristen mit „islamischer“ Herkunft vorgeben, religioese Beweggruende zu haben, die sie zu solchen Terrorakten verleiten und diese dadurch rechtfertigen, sind es, wie seit jeher, vielmehr religioese Fanatiker, die es nicht verdienen mit Adjektiven wie christlich oder islamisch bezeichnet zu werden. Eine solche Wortverbindung kommt fuer solche Menschen einer anerkennenden Aufwertung gleich. Islamisch heisst sich an die Gesetze des Islams zu halten, was diese Terroristen nicht tun, auch wenn sie es behaupten. Es scheint keinem aufzufallen, dass diese Terroristen durch eine solch fatale Beschreibung bestaetigt werden, naemlich dass sie das sind, was sie hauptsaechlich sein wollen, islamisch oder Islamisten.

Auffaellig ist, dass in den islamischen (mit korrekter Verwendung des besagten Adjektives) oder arabischen Laendern solche Menschen einfach nur als das erwaehnt werden, was sie sind, naemlich als Terroristen, zum Beispiel der Al Qaida oder der Sarkawi Bande. Wenn die religioese oder geistige Ueberzeugung eines Menschen als Beschreibungswort benutzt werden darf, dann haette man auch die Bader-Meinhof Bande als demokratische oder sozialistische Terroristen bezeichnen koennen, oder gar die IRA Attentaeter als christlich-katholische Terroristen, was sich fuer den westlichen Leser natuerlich grotesk anhoert und es tatsaechlich auch ist.

Als Muslimin fuehle ich ganz persoehnlich jedes mal einen inneren Stich, wenn diese Wortverbindung oder eine Islam Wortableitung mit dem Thema Terrorismus genannt wird. Durch den Gebrauch solcher Adjektive, die fuer mich einen hohen inhaltlichen Wert haben, im Zusammenhang mit dem Thema Terror, wird ebenfalls fuer mich als Muslimin eine Negativierung dieser Beschreibungswoerter vollzogen. Im Falle des Adjektives „islamisch“, oder „islamistisch“, ist das Ergebnis, dass in den nicht muslimischen Gesellschaften der westlichen Welt neben dem berechtigtem Zorn und Hass auf die Terroristen auch die „islamische“ Antipathie mit jedem weiteren Bericht waechst. Eine Antiphatie, die ich als Muslimin spuehre, wenn ich mich in westlichen Laendern aufhalte. In Wirklichkeit geht es natuerlich nicht nur um das Adjektiv „islamisch“ oder „islamistisch“ als solches, sondern vielmehr um den Wert, den ein Nomen durch dieses Beschreibungswort verdient. Terroristen steht eine solche Bewertung in keinem Fall zu.

Dennoch, schlimmer ist die reale Gefahr, dass im Kampf gegen die sogenannten „islamischen“ Terroristen schnell alle aehnlichen Begriffe durcheinander geraten. Wer, ausser den Intelektuellen und Sachkundigen, wird dann noch einen islamischen Menschen (im Sinne von Gottergebenen Muslim und Islam Glaeubigen) von einem „islamischen“ oder auch „islamistischen“ Terroristen unterscheiden koennen oder wollen. Durch die vielen von der Religion Islam abgeleiteten Beschreibungswoertern besteht die Gefahr, dass alle Muslime auch in Zukunft zur Zielscheibe eines ignoranten Hasses werden, wie leider schon geschehen direkt nach den Anschlaegen des 11. Septembers. Die moeglichen katastrophalen Folgen, die das Anwachsen eines solchen Hasses erzeugen koennen, musste die Menschheit in ihrer Geschichte oft genug erleben. Daher ist es notwenig, einer solchen Entwicklung entgegenzuwirken, in der Hoffnung, dass die nuechterne Erkenntniss Mahatma Ghandi’s (die da lautete: „Die Geschichte lehrt uns, dass uns die Geschichte nichts lehrt.“) auf ewig keine Gueltigkeit hat. Eine sinnvolle Benennung des fanatisch religioesen Terrorismus ist jedoch ein Thema fuer sich, was zugegebener Massen einiges Kopfzerbrechen bereiten und heftige Diskussionen ausloesen wird.